EU-Verordnung 2023/988: Produktsicherheit und Rückverfolgbarkeit
Was Hersteller und Händler jetzt wissen müssen um hohen Strafen zu vermeiden.
Ein Meilenstein für Produktsicherheit und Rückverfolgbarkeit
In einer globalisierten Welt, in der Produkte aus verschiedenen Ländern und Lieferketten stammen, wird es immer wichtiger, die Sicherheit und Nachvollziehbarkeit von Waren zu gewährleisten. Mit der EU-Verordnung 2023/988, die ab dem 13. Dezember 2024 gilt, hat die Europäische Union einen neuen Rechtsrahmen geschaffen, um Verbraucher besser zu schützen und Unternehmen zu klareren Standards zu verpflichten.
Diese Verordnung ersetzt die bisherige Richtlinie 2001/95/EG und bringt bedeutende Änderungen mit sich. Die Anforderungen betreffen nicht nur Hersteller, sondern auch Importeure und Händler. Unternehmen, die in irgendeiner Form Produkte in der EU in Verkehr bringen, müssen sich jetzt intensiver mit Themen wie Kennzeichnungspflichten, Rückverfolgbarkeit und der Verantwortung entlang der gesamten Lieferkette auseinandersetzen.
Was regelt die EU-Verordnung 2023/988?
Die Verordnung zielt darauf ab, ein hohes Maß an Produktsicherheit sicherzustellen und gleichzeitig die Transparenz in den Lieferketten zu erhöhen. Zu den wichtigsten Punkten gehören:
- Erweiterte Kennzeichnungspflichten: Produkte müssen klar und dauerhaft mit Angaben zu Hersteller oder Inverkehrbringer versehen sein, einschließlich Name, Anschrift und zusätzlicher Informationen, die für Verbraucher oder Behörden relevant sind.
- Verpflichtende Rückverfolgbarkeit: Unternehmen müssen sicherstellen, dass jedes Produkt entlang der Lieferkette nachverfolgt werden kann – von der Herstellung bis zum Verkauf. Das bedeutet, dass Dokumentationen über Herkunft, Verarbeitung und Vertrieb vollständig und langfristig aufbewahrt werden müssen. (Artikel 15)
- Erhöhte Verantwortung von Händlern und Importeuren: Auch Händler und Importeure können künftig direkt haftbar gemacht werden, wenn sie Produkte vertreiben, die nicht den Sicherheitsstandards entsprechen. (Artikel 9)
Für wen ist die Verordnung relevant?
Die neuen Regelungen betreffen eine Vielzahl von Unternehmen, darunter:
- Hersteller: Unternehmen, die Produkte entwickeln und produzieren, unabhängig davon, ob sie diese selbst vertreiben oder über Dritte in Verkehr bringen.
- Importeure: Unternehmen, die Waren aus Drittländern in die EU einführen. (Artikel 9)
- Händler: Unternehmen, die Produkte verkaufen, ohne sie wesentlich zu verändern, tragen ebenfalls eine Mitverantwortung. (Artikel 8)
Warum ist die Verordnung wichtig?
Die Produktsicherheit ist nicht nur ein rechtliches Thema, sondern auch ein entscheidender Faktor für das Vertrauen der Verbraucher. Mit klaren und transparenten Standards schafft die EU-Verordnung 2023/988 eine einheitliche Grundlage, die:
- Risiken für die Verbraucher minimiert,
- die Qualität und Sicherheit von Produkten erhöht,
- und den Wettbewerb fairer gestaltet.
Für Unternehmen bedeutet dies allerdings auch, dass sie ihre internen Prozesse anpassen müssen. Von der Überprüfung der Lieferkette über die Einführung neuer Dokumentationssysteme bis hin zur Anpassung von Kennzeichnung und Etikettierung – die Anforderungen sind vielfältig und komplex.
Was mache ich mit bestehender Lagerware, die nicht der EU-Verordnung 2023/988 entsprechen?
Beispiel:
Ein Händler hat Restbestände von Produkten im Lager, die nicht mit den neuen Kennzeichnungspflichten oder Rückverfolgbarkeitsanforderungen der EU-Verordnung 2023/988 konform sind. Der Stichtag, ab dem die Verordnung gilt, ist der 13. Dezember 2024.
Lösung:
Produkte, die nach dem 13. Dezember 2024 in Verkehr gebracht werden, müssen den Anforderungen der EU-Verordnung 2023/988 entsprechen. Andernfalls dürfen sie nicht mehr verkauft oder weitergegeben werden. Folgende Maßnahmen sind möglich:
- Abverkauf vor dem Stichtag:
Produkte, die vor dem 13. Dezember 2024 in Verkehr gebracht wurden, unterliegen noch nicht den neuen Anforderungen. Verkaufe diese Bestände rechtzeitig. - Nachrüstung oder Anpassung:
Falls möglich, kannst du Produkte nachträglich mit den notwendigen Angaben (z. B. Etiketten mit Name und Anschrift) versehen, um sie konform zu machen. - Entsorgung:
Wenn weder ein rechtzeitiger Abverkauf noch eine Anpassung möglich ist, müssen nicht-konforme Produkte entsorgt werden, da sie nach dem Stichtag nicht mehr verkauft werden dürfen.
Wichtig: Produkte, die nach dem 13. Dezember 2024 in Verkehr gebracht werden, ohne den neuen Anforderungen zu entsprechen, können zu rechtlichen Konsequenzen führen, einschließlich Verkaufsverboten und Bußgeldern (Artikel 20 der Verordnung).
Weitere Informationen finden Sie in der vollständigen Verordnung: EU-Verordnung 2023/988.
Welche Kennzeichnungspflichten gelten bei Veredelung von Textilien?
Beispiel:
Ein Unternehmen kauft T-Shirts von Stanley/Stella, fügt ein individuelles Logo per Siebdruck hinzu und verkauft die veredelten Produkte unter der eigenen Marke weiter.
Lösung:
Nach Artikel 8 der EU-Verordnung 2023/988 gilt das Unternehmen als Inverkehrbringer, da es die Produkte nach der Veredelung neu auf den Markt bringt.
- Pflichtangaben: Auf dem Produkt oder seiner Verpackung müssen sichtbar und dauerhaft folgende Angaben angebracht sein:
- Name und Anschrift des Unternehmens, das das Produkt veredelt hat (z. B. Siluri.de, Kremser Str. 35, 93055 Regensburg).
- Alle weiteren gesetzlich vorgeschriebenen Informationen wie Materialzusammensetzung und Pflegehinweise gemäß EU-Verordnung 1007/2011 weiter Infos in unserem Blog-Beitrag Textilien richtig etikettieren.
- Originaletiketten: Die Etiketten von Stanley/Stella können beibehalten werden, sofern sie vollständig sind. Es muss jedoch die Anschrift des Veredlers ergänzt werden.
- Farbenhersteller: Angaben zum Farbenhersteller sind nicht notwendig, solange die verwendeten Materialien sicher sind (Artikel 6 Abs. 1 EU-Verordnung 2023/988).
Weitere Details: Artikel 8 der EU-Verordnung 2023/988.
Welche Pflichten ergeben sich beim Import von Produkten aus Drittländern?
Beispiel:
Ein Händler importiert unveredelte T-Shirts aus Bangladesch. Nach dem Import werden sie in der EU mit einem Siebdruck versehen und verkauft.
Lösung:
Nach Artikel 9 der EU-Verordnung 2023/988 gilt das Unternehmen als
Importeur und trägt die volle Verantwortung für die Produktsicherheit.
- Pflichten als Importeur:
- Bereits bei der Einfuhr müssen Name und Adresse des Importeurs auf dem Produkt oder seiner Verpackung stehen.
- Die Materialangaben und Pflegehinweise müssen gemäß der EU-Verordnung 1007/2011 korrekt sein.
- Pflichten nach Veredelung: Durch die Veredelung entsteht ein neues Produkt. Der Veredler muss sich als Hersteller ausweisen und eigene Angaben hinzufügen (Artikel 8 Abs. 3).
Weitere Details: Artikel 9 der EU-Verordnung 2023/988.
Was gilt bei Produkten aus mehreren Ursprungsländern?
Beispiel:
Ein Unternehmen stellt Hoodies her, deren Baumwolle aus Ägypten stammt, die Reißverschlüsse aus Deutschland kommen und die Konfektionierung in Polen erfolgt.
Lösung:
Nach Artikel 8 und Artikel 15 der EU-Verordnung 2023/988 trägt der Hersteller die Verantwortung für Produktsicherheit und Rückverfolgbarkeit.
- Pflichten:
- Das Endprodukt muss klar gekennzeichnet sein, z. B. „Hergestellt in der EU“.
- Der Hersteller muss alle Bestandteile dokumentieren und die Rückverfolgbarkeit sicherstellen (Artikel 15).
- Umsetzung: QR-Codes oder digitale Etiketten können verwendet werden, um die Rückverfolgbarkeit zu erleichtern.
Weitere Details: Artikel 15 der EU-Verordnung 2023/988.
Ich bin Wiederverkäufer und lasse Produkte bei Siluri.de veredeln. Kann ich meinen Namen aufs Produkt schreiben lassen?
Beispiel:
Ein Wiederverkäufer beauftragt Siluri.de mit der Veredelung von Stanley/Stella-Textilien und möchte den eigenen Namen als Kennzeichnung anbringen.
Lösung:
Ja, der Wiederverkäufer kann seinen Namen anbringen, da er als Inverkehrbringer gilt (§8 der Verordnung). Siluri.de und Stanley/Stella müssen nicht zwingend auf dem Produkt stehen, wenn der Wiederverkäufer alle anderen rechtlichen Anforderungen erfüllt (z. B. Rückverfolgbarkeit).
Welche Dokumente benötige ich, um die Rückverfolgbarkeit meiner Produkte sicherzustellen?
Beispiel:
Ein Händler importiert Textilien aus der Türkei und verkauft sie nach Deutschland weiter. Die zuständigen Behörden fordern eine Rückverfolgbarkeit des Produkts.
Lösung:
Nach Artikel 15 der EU-Verordnung 2023/988 müssen folgende Dokumente vorliegen:
- Nachweise über die Herkunft der Produkte (z. B. Rechnungen, Lieferscheine).
- Daten zur Materialzusammensetzung gemäß EU-Verordnung 1007/2011.
- Dokumente, die Produktions- und Verarbeitungsorte aufzeigen.
Diese Dokumente müssen mindestens 10 Jahre lang aufbewahrt werden.
Muss ich als Händler ein Produkt zurückrufen, wenn der Hersteller keine ausreichenden Informationen bereitstellt?
Beispiel:
Ein Händler verkauft Textilien eines Herstellers, dessen Materialangaben unvollständig sind. Die Behörden fordern eine Rückverfolgbarkeit.
Lösung:
Ja, als Händler bist du verpflichtet, bei Mängeln in der Produktsicherheit Maßnahmen zu ergreifen. Nach Artikel 17 der EU-Verordnung 2023/988 musst du:
- Das Produkt aus dem Verkauf nehmen.
- Die zuständigen Behörden informieren.
- Den Hersteller oder Importeur kontaktieren, um die fehlenden Informationen zu erhalten.
Gilt die Verordnung auch für Produkte, die ich aus einem EU-Land importiere, jedoch nicht verändere?
Beispiel:
Ein Händler kauft T-Shirts von einem Produzenten in Italien und verkauft diese unverändert in Deutschland weiter.
Lösung:
Nein, in diesem Fall gilt der italienische Produzent als Inverkehrbringer. Du bist jedoch verpflichtet, die Produktsicherheit zu überprüfen und sicherzustellen, dass die Kennzeichnung vollständig ist (§9 der EU-Verordnung 2023/988).
Wie lange müssen Informationen zur Rückverfolgbarkeit aufbewahrt werden?
Beispiel:
Ein Hersteller verkauft Textilien und wird nach zwei Jahren von den Behörden um Informationen zur Lieferkette gebeten.
Lösung:
Nach Artikel 15 der EU-Verordnung 2023/988 müssen Informationen zur Rückverfolgbarkeit für mindestens 10 Jahre nach dem Inverkehrbringen aufbewahrt werden.
Kann ich QR-Codes oder digitale Etiketten als Ersatz für physische Kennzeichnungen verwenden?
Beispiel:
Ein Händler verwendet QR-Codes, die alle Informationen zum Produkt digital abrufbar machen.
Lösung:
Ja, QR-Codes können als Ergänzung verwendet werden, dürfen jedoch keine Pflichtangaben wie Name und Anschrift des Herstellers ersetzen (§8 der Verordnung). Die physische Kennzeichnung bleibt verpflichtend.
Wie unterscheidet sich meine Rolle als Importeur von der eines Distributors, wenn es um Haftung geht?
Beispiel:
Ein Distributor verkauft importierte Textilien weiter, hat diese aber nicht selbst in die EU eingeführt.
Lösung:
Der Importeur trägt die Hauptverantwortung für die Produktsicherheit (§9 der Verordnung). Der Distributor ist jedoch verpflichtet, sicherzustellen, dass die importierten Produkte allen Sicherheitsanforderungen entsprechen (§17).
Müssen auch Verpackungen separat gekennzeichnet werden, oder reicht die Kennzeichnung auf dem Produkt?
Beispiel:
Ein Händler verkauft Textilien, die in neutralen Verpackungen geliefert werden.
Lösung:
Die Kennzeichnung auf der Verpackung ist nur dann notwendig, wenn das Produkt selbst nicht dauerhaft gekennzeichnet werden kann (§8 Abs. 2 der Verordnung).
Was kann ich tun, wenn ein Mitbewerber gegen die EU-Verordnung 2023/988 verstößt?
Beispiel:
Du stellst fest, dass ein Mitbewerber Produkte ohne ausreichende Kennzeichnung oder Rückverfolgbarkeitsinformationen vertreibt, was gegen die EU-Verordnung 2023/988 verstößt. Dadurch könnten seine Produkte günstiger sein, was dir einen Wettbewerbsnachteil verschafft.
Lösung:
Die EU-Verordnung 2023/988 sieht klare Maßnahmen vor, um Verstöße zu melden und rechtliche Schritte einzuleiten. Hier sind die Optionen:
- Meldung an die Marktüberwachungsbehörden:
Wende dich an die zuständigen Behörden in deinem Land (z. B. Gewerbeaufsichtsämter oder Marktüberwachungsstellen) und reiche eine formale Beschwerde ein: Marktüberwachungsbehörden - Wettbewerbsrechtliche Schritte:
Verstöße gegen die Verordnung können auch als unlauterer Wettbewerb gewertet werden. In diesem Fall kannst du zivilrechtlich vorgehen, z. B. mit einer Unterlassungsklage gemäß §3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). - Hinweis an Verbraucherschutzorganisationen:
Organisationen wie die Verbraucherzentralen können Verstöße ebenfalls verfolgen und Druck auf Mitbewerber ausüben.
Wichtig: Dokumentiere den Verstoß genau, z. B. mit Fotos oder Screenshots, die die fehlenden Angaben oder unzureichenden Sicherheitsmaßnahmen belegen.
Für detaillierte rechtliche Schritte solltest du einen spezialisierten Anwalt konsultieren.
Fazit: Was Hersteller und Händler jetzt tun müssen
Die EU-Verordnung 2023/988 fordert klare Angaben und eine lückenlose Rückverfolgbarkeit. Ob Veredelung, Import oder Herstellung – jedes Unternehmen muss seine Prozesse anpassen, um rechtskonform zu handeln.
Disclaimer: Keine Rechtsberatung
Die Informationen in diesem Blog stellen keine Rechtsberatung dar. Sie basieren auf unserer Interpretation der EU-Verordnung 2023/988 und sollen als Orientierungshilfe dienen. Für eine rechtliche Beratung oder verbindliche Auskünfte zu spezifischen Anforderungen empfehlen wir, einen Anwalt oder eine fachkundige Stelle zu konsultieren.Unser Ziel ist es, dir eine fundierte Grundlage zu bieten, um die neuen Anforderungen zu verstehen und umzusetzen. Wenn du weitere Unterstützung benötigst, stehen wir dir mit unseren Dienstleistungen gerne zur Seite.